Die Absetzung des Wangener Oberbürgermeister Fritz Geray

Die Zeit von Fritz Geray als Bürgermeister bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten



Fritz Geray war bei der Machtergreifung bereits seit 27 Jahren bei der Stadt Wangen tätig. Erst als Stadtsekretär, dann als Stadtpfleger wurde er 1922 zum Bürgermeister gewählt. In seinen Amtszeiten wurde die Stadt modernisiert und verschiedene Bauvorhaben in Angriff genommen. Dadurch erreichte er eine solche Beliebtheit, dass er im Februar 1932 mit 95% der Stimmen wieder gewählt wurde. Allerdings kam es mehrmals zu Auseinandersetzungen zwischen Geray und den Nationalsozialisten, beispielsweise sei hier die Kranzaffäre genannt - ein weiterer Grund, weshalb er von ihnen bei der Wiederwahl 1932 zum Oberbürgermeister nicht unterstützt wurde. Zudem bezichtigten ihn die Nazis in einem Flugblatt (Bild 1) als „unwürdig Bürgermeister einer deutschen Stadt zu sein“. Die NSDAP konnte sich allerdings nicht zu einem eigenen Kandidaten entschließen und auch ihr Wahlkampf gegen Geray blieb, wie das Wahlergebnis zeigt, größtenteils wirkungslos.





1: Flugblatt der Nationalsozialisten zur OB-Wahl im Februar 1932 (Quelle: StA WG AII 782)

Absetzung von Geray als Bürgermeister



Nach der Machtergreifung 1933 sahen die Nationalsozialisten ihre Chance gekommen um das ungeliebte Zentrumsmitglied von der Spitze des Rathauses zu vertreiben. So kam es, dass der „Argen-Bote“ am 21. April 1933 folgende Meldung veröffentlichte:



Bild 2: Bericht des „AB“ über die Beurlaubung von Fritz Geray

Erst am 8. Mai 1933 erfuhr die Wangener Öffentlichkeit durch das „NAT“ dann die Gründe für die Beurlaubung. Geray wurde vom Wangener Bürgermeisteramt vorgeworfen, dass er sich einen Gehaltsvorschuss aus der Stadtkasse habe auszahlen lassen, ohne dies verbuchen zu lassen. Aus diesem Grund wurde auch der damals für die Stadtkasse zuständige Alois Hohl beurlaubt. Am nächsten Tag druckte auch der „Argen-Bote“ (AB) die Vorwürfe des Bürgermeisteramtes nach, aber nicht ohne auch Geray und Hohl die Möglichkeit zur Verteidigung zu geben. Beide verwiesen darauf, dass die Beträge bereits seit Jahren restlos zurückbezahlt seien und der Stadtkasse so kein Schaden entstanden sei. Lediglich bei einem Baukredit durch die Gemeinde wurde wohl ein Schaden entstehen, aber dieser wäre durch die Deflation bedingt und somit in dem Gewerbe üblich. Geray schließt seine Ausführungen mit den Worten: „Ich stelle ausdrücklich fest, dass ich während meiner beinahe 30jährigen Tätigkeit auf dem Rathaus Wangen keinen Pfennig veruntreut habe. Dafür ist Gott mein Zeuge. Das Urteil über mein Arbeiten, Wirken und Streben als Sekretär, Stadtpfleger und Bürgermeister überlasse ich der Einwohnerschaft der Stadt Wangen.“ Die Darstellungen von Geray werden durch Obersekretär Hohl ausdrücklich bestätigt.
Einen Tag später, am 10. Mai, lässt das Wangener Bürgermeisteramt sowohl im „AB“ als auch im „NAT“ eine „Richtigstellung“ der Erklärungen abdrucken. Dabei wird verurteilt, „daß die beiden Herren versuchen, der Untersuchung des Herrn Staatskommissars [...] vorzugreifen und in der Öffentlichkeit den Eindruck [...] erwecken, daß ihre Beurlaubung nicht begründet sei.“ Zudem werden ihnen „für die Zukunft die Veröffentlichung irgendwelcher Art wegen ihrer Beurlaubung untersagt“.
Da Pfeiffer wegen seinen Verpflichtungen als Kreisleiter der NSDAP die Stelle des Bürgermeisters nicht dauerhaft annehmen wollte, wurde am 20. Mai der Steuerinspektor Dr. Erbacher der Wangener Öffentlichkeit als kommissarischer Bürgermeister präsentiert. Erst am 7. September 1933 wurde Fritz Geray offiziell als Bürgermeister entlassen.




Gerays weitere Lebenssituation



Vom Landgericht Ravensburg wurde Geray am 9. August 1933 zu 6 ½ Monaten Gefängnis wegen „fortgesetzter Verleitung zur erschwerten Amtsunterschlagung“ verurteilt. Allerdings wurde die Strafe auf Anraten eines Arztes auf unbestimmte Zeit verschoben, sogar von einem Suizidversuch von Geray und seiner Frau zeugen die entsprechenden Akten. Dies zeigt in was für einer Lage sich der ehemals hochangesehene Geray befand. Neben seiner Strafe plagten ihn vor allem auch finanzielle Sorgen, so wurde von ihm die Rückzahlung der ausstehenden Beträge betreffs seines Baukredites verlangt und auch seine Pension bzw. seine Gehaltszahlung wurden zumindest vorübergehend stark reduziert. Um noch zusätzliches Geld zu verdienen zog er über die Dörfer und bot sich für Verwaltungsaufgaben an.
Noch 1933 wurde Gerays Strafe zur Bewährung ausgesetzt und ihm blieb somit, wie auch Hohl, den man bereits begnadigt hatte, die Verbüßung seiner Strafe erspart. Der Grund hierfür war einfach: Geray war abgesetzt und man hatte die angebliche Korruptheit des Weimarer Systems damit schon bewiesen, eine Strafvollstreckung war damit nicht mehr von Nöten. Die Dienststrafe blieb allerdings bestehen, weshalb eine Anstellung im öffentlichen Dienst für Geray nicht mehr möglich war. Ein Schreiben (Bild 3) aus dieser Zeit bestätigt ausdrücklich, dass es sich um eine politische Entscheidung, um Rache für das Verhalten gegenüber den Nationalsozialisten handelte, als über die Dienstentlassung entschieden wurde. Der ehemalige Oberbürgermeister litt bis zu seinem Tode am 2. Mai 1941 unter dieser Behandlung. Nach Kriegsende wurde er rehabilitiert.





Bild 3: Bescheinigung über die Entlassung, die die wahren Gründe dafür zeigt

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