Station 4

Die Erkelenzer Synagoge





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Der ehemalige Standort der Erkelenzer Synagoge an der heutigen Patersgasse war bis 1938 das Zentrum jüdischen Lebens in Erkelenz. Der erste Jude in Erkelenz war 1852 der Gerber Jakob Kaufmann und bereits neun Jahre später lebten 18 Juden im Stadtgebiet. Dies entsprach jedoch lediglich 0,5 % der Erkelenzer Gesamtbevölkerung. In den folgenden Jahrzehnten etablierte sich die jüdische Bevölkerung zunehmend im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben der Region. 

Das friedliche Leben änderte sich aber schnell nach der „Machtergreifung“; schon bald zogen Nazis mit „Deutschland erwache! – Jude verrecke!“ -Parolen durch die Straßen der Stadt. Schon 1933 erhielt die Unterdrückung der Juden einen offiziellen Rahmen: Auch in Erkelenz wurden im Zuge des von Hitler angeordneten Generalboykotts jüdische Geschäfte von SA-Männern blockiert. Wie jeder Ort in Deutschland erhielt auch Erkelenz einen „Stürmerkasten“, in dem ein antisemitistisches Blatt „Der Stürmer“ zu finden war, der das Volk mit „unsinnigsten, unmenschlichsten und krankhaften Ideen“ (Zitat: „Die Juden im Erkelenzer Land“; S. 114) des Herausgebers, dem Gauleiter Julius Streicher, gegen die Juden versorgte. Man ging sogar noch weiter: Einwohner, die in jüdischen Geschäften einkauften, wurden auch mit Hilfe von Hinweisen aus dem „Stürmerkasten“ öffentlich an den Pranger gestellt.
In den folgenden Jahren wurden wie im ganzen Deutschen Reich auch im Erkelenzer Land ständig neue Drangsalierungsmaßnahmen gegen die jüdische Bevölkerung eingesetzt. Dazu zählten das Tragen des Judensterns, Berufsverbote sowie etliche Einschränkungen in der privaten Existenz der Bürger. Vor Kriegsbeginn lebten im Erkelenzer Stadtgebiet ca. 30-40 Juden, die meisten von ihnen wurden ab April 1941 im „Judenghetto“ im Hetzerather Haus Spieß (siehe Station 6) zusammengepfercht und später deportiert. Nach Kriegsende kehrten kreisweit nur 11 Juden zurück, nach Erkelenz lediglich der Viehhändler Oskar Herz mit Familie.

Die Synagoge in Erkelenz war nicht nur religiöses, sondern auch gesellschaftliches Zentrum der Juden in Erkelenz. Mit dem Aufschwung jüdischen Lebens wuchs der Wunsch nach einer eigenen Synagoge in der Erkelenzer Innenstadt. Ende des Jahres 1861, nämlich am 14.12, wurde von der "Jüdischen Gemeinschaft Erkelenz" der Antrag auf eine Gebetsstelle gestellt, der am 15.7 des darauf folgenden Jahres genehmigt wurde. Die erste Synagoge wurde noch im selben Jahr an der Oerather Straße errichtet. Später, im Jahre 1869, wurde eine neue und größere Synagoge an der Patersgasse errichtet. Die Hinterhoflage der Synagoge zeigt deutlich die gesellschaftliche Stellung der Juden zu dieser Zeit.

Am Vorabend der schicksalhaften „Reichspogromnacht“ am 9.11.1938 wurde die Polizei in Erkelenz darüber informiert, dass „in kürzester Frist in ganz Deutschland Aktionen gegen Juden, insbesondere gegen deren Synagogen stattfinden. Sie sind nicht zu stören […] Es ist vorzubereiten die Festnahme von 20 bis 30000 Juden im Reich“, so die Anordnung der GESTAPO. Diese „Aktionen“ fanden bereits in der Nacht vom 9. auf den 10. November statt. Die Aussagen über die Abläufe in der „Reichspogromnacht“ in Erkelenz sind widersprüchlich. Während das Buch „Die Juden im Erkelenzer Land“ (S. 116) behauptet, die Synagoge habe „lichterloh gebrannt“, ist im Buch „Der Nationalsozialismus im Kreis Heinsberg“ hingegen die Rede von völliger Demolierung. Wahrscheinlich ist, dass die Synagoge nicht angezündet wurde, um die umliegenden Häuser zu schonen. Eine Zeitzeugin erklärt: „Die Synagoge wurde ja nicht in Brand gesteckt, zumal auf der nächsten Ecke in unmittelbarer Nachbarschaft eine Familie wohnte, die waren alle Nazis. Aber auch wegen der anderen Nachbarn, wir wären von einem Brand ja alle betroffen gewesen“. Über den genauen Ablauf berichtet die damals 8-jährige Marianne Stein: “Die Juden liefen von allen Seiten herbei, um noch zu retten, was zu retten war. Vor allem die heiligen Gefäße, die Bücher und die Leuchter wollten sie bergen. Aber man ließ sie nicht an die Synagoge heran. Sie wurden mit Schlägen und Fußtritten auf bereitstehende Lastwagen verladen und abtransportiert. Die meisten sind nie wieder zurückgekommen.“

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