Früher



Die Jutespinnerei 1910

Die Zwangsarbeiter, die meist aus Zdunska Wola(Polen) stammten, mussten in der Jutespinnerei in Bonn-Beuel arbeiten. Im Zweiten Weltkrieg war die Jutespinnerei eine wichtige Fabrik. Denn aus Jute wurden Säcke hergestellt, die zum Transport von Nahrungsmitteln und anderen Materialien (z.B. Briketts) gebraucht wurden. Die Fabrik sah genauso aus wie andere Textilfabriken auch. Sie besaß mehrere große Maschinenhallen mit Glasdächern. Diese Glasdächer waren sehr schlimm. Denn die Zwangsarbeiter konnten bei Luftangriffen die Flugzeuge über sich kreisen sehen und hatten deshalb große Angst. Es war ein Waschraum vorhanden, doch es gab nur wenig kaltes Wasser. Wenn man warmes Wasser haben wollte, musste man (das war aber verboten!) Holzsplitter zusammensuchen und versuchen, damit ein kleines Feuer zu machen. Einen Speiseraum gab es ebenfalls, allerdings ohne Essen. Zum Schutz gegen Bombenangriffe gab es einen Luftschutzkeller und Gräben im Freien. Wenn aber die Sirenen nachts ertönten, konnten nur wenige Arbeiter und Arbeiterinnen dem Meister, der als einziger eine Taschenlampe hatte, folgen, so blieben die meisten in der Fabrik oder in den Baracken und versteckten sich dort unter dem Bett oder im Schrank. In die Gräben ging niemand.






Die Glasdächer, welche früher durchsichtig waren, und einer der Bunker




Die Arbeit und Nahrung



In der Jutefabrik wurde Tag und Nacht gearbeitet. Es gab zwei Schichten zu 12 Stunden, Kinder unter 14 Jahren mussten „nur“ 8 Stunden arbeiten. Um 6.00 Uhr fing die Tagesschicht an. Die Menschen mussten um 5 Uhr aufstehen. Sie konnten sich nur mit kaltem Wasser waschen. Zum Frühstück gab es für jeden ein Stück trockenes Brot und Kaffee aus Malz oder Getreide. Zucker gab es nicht dazu, manchmal aber etwas Marmelade.

Nach dem Frühstück gingen die Menschen in die Fabrik. Die Arbeit dort war sehr schwer. Trotzdem gab es nur eine Pause, die 15 Minuten dauerte. In dieser Zeit bekamen die Arbeiterinnen und Arbeiter etwas zu essen.

Wegen der langen Arbeitszeiten und dem schlechten Essen passierten häufig Unfälle. Die Zwangsarbeiter und -arbeiterinnen waren nämlich sehr schwach und müde. Frau Gmiter z.B. schlief bei der Arbeit ein und verlor, da die Maschinen weiter liefen, einen Finger. Ein anderes Mädchen kam mit den Haaren ins Laufwerk einer Maschine und verlor dabei seine Haare und einen Teil der Kopfhaut.

Freizeit hatten die Zwangsarbeiter kaum. Wenn sie aber frei hatten, fehlte ihnen Geld, um aus dem Barackenlager herauszukommen. Sie konnten nicht einmal in die Stadt fahren. So verbrachten sie viel Freizeit im Lager. Sie schrieben Briefe, und die Zwangsarbeiterinnen machten Näharbeiten. Im Sommer bestand ihre Lieblingsbeschäftigung darin spazieren zu gehen.

Am Anfang des Krieges war die Ernährung noch einigermaßen ausreichend: Einmal am Tag gab es eine warme Mahlzeit, ein Brot in der Woche und manchmal Marmelade oder Margarine. Frau Gmiter hat einmal aus Neugier ihr Brot gegen das einer Russin getauscht. Das Brot der Russin war kaum essbar, es enthielt nämlich Holzsplitter. Zwangsarbeiter unter 14 Jahren erhielten zusätzlich eine Tasse Milch und ein Ei in der Woche. Das warme Essen wurde irgendwo (wo genau, haben wir nicht herausgefunden) außerhalb der Fabrik gekocht und in die Fabrik gebracht. Meistens gab es Suppe, Kohlrübensuppe, Brennnesselsuppe oder Kleiesuppe. Jeder Arbeiter und jede Arbeiterin hatte eine Schüssel, und wenn nicht, eine Konservendose. Mit dieser Schüssel oder Konservendose gingen sie zu einer bestimmten Stelle in der Fabrik, wo das Essen ausgeteilt wurde, und erhielten eine Kelle Suppe. In der Suppe waren oft Würmer oder Fliegen. Diese Suppe reichte vielfach nicht aus, um satt zu werden und gesund und arbeitsfähig zu bleiben.



Das ist die Nahrung der Zwangsarbeiter

Die Unterkunft



Beim Einzug in die Baracken waren die Betten sauber, und es war auch Bettwäsche vorhanden. Doch nach ein paar Wochen waren die Betten dreckig und mussten eigentlich gewaschen werden. Da es aber keine Möglichkeit gab, die Bettwäsche zu waschen – denn es gab nur wenig kaltes Wasser und kaum Seife -, blieben sie dreckig und wurden immer dreckiger und unerträglicher. Auch die Matratzen nutzten sich immer mehr ab. Die Zwangsarbeiter nahmen als Ersatz für die Matratzen Sägespäne, das allerdings machte die Wanzen heimisch, die so zur großen Plage wurden. Deshalb schliefen die Zwangsarbeiter im Sommer sogar auf dem Dach der Baracken, um ihnen zu entkommen, aber es half nichts, die Wanzen blieben, auch als sie die verwanzten Matratzen austauschten und auf Stahlfedern (!) schliefen. Die Wanzen waren nicht die einzige Plage, es traten auch Krankheiten auf, z.B. Tuberkulose. Wenn ein Mensch sich angesteckt hatte, verbreitete sich die Krankheit sehr schnell. Frau Gmiter litt unter ihr, die anderen fünf Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen hatten nur die üblichen Krankheiten, z.B. Erkältungen und Magenschmerzen. Schlimmer als diese Krankheiten waren die Spätfolgen.

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